Brauchen wir überhaupt Frequenzen?

Nein, die Passantenfrequenz ist nicht der wichtigste Datensatz im Portfolio von Händlern und Gastronomen. Leider müssen wir Sie enttäuschen. Aus Sicht eines Händlers ist das Konzept seine Umsatzperformance in Frequenzdaten widerzuspiegeln nicht nur veraltet, sondern behindert auch die Ergreifung von angebrachten Maßnahmen zur Umsatzsteigerung. Es ist einfach fachlich falsch. Händler, Gastronomen sowie Kulturschaffende müssen ihren Blick auf urbane Ökosysteme breiter ausrichten. Mehr Traffic auf ihrer Website bedeutet auch nicht automatisch mehr Umsatz. Lassen Sie uns versuchen, den Wert von Passantenfrequenzen zeitgemäß zu definieren!

Was ist Passantenfrequenz?

Passantenfrequenz ist immer die Reaktion auf die Lebendigkeit, Attraktivität und Erreichbarkeit eines urbanes Ökosystems. Urbane Ökosysteme werden geprägt, durch das Angebot aus Handel, Gastronomie und Kultur. Auf eine Aktion folgt immer eine Reaktion. Das ist Frequenz. Frequenz verursacht zunächst keine Lebendigkeit! Das ist ein großer Irrglaube und gehört aus unseren Köpfen gelöscht. Lebendigkeit entsteht zwar durch Menschen, Menschen müssen allerdings vorher durch die Relevanz eines urbanen Ökosystems aktiviert bzw. mobilisiert werden. Die große Kennzahl lautet also Relevanz und nicht Frequenz.

Wie schaffe ich Relevanz an einem Ort?

Ein Ort wird für Menschen relevant, wenn er ihre Bedürfnisse befriedigt. Diese Bedürfnisse können sehr unterschiedlich ausfallen und sich von Zeit zu Zeit dynamisch verändern. Die Gründe für einen Aufenthalt von Menschen sind so vielfältig wie die Menschen selber. Blicken wir einmal auf die letzten 2 Jahre, dann verstehen wir, dass sich die Situation in einer Highstreet sehr schnell verändern kann. Positiv, bei gestärkter Relevanz der Konzepte und negativ bei geänderter Relevanz für Verbraucher. Zum Beispiel durch weniger Besuche im Innenstadt-Büro oder einer Veränderung im Tourismusaufkommen. Der Fokus verschiebt sich und somit auch die Zielgruppe.

Möchten wir also die Relevanz einer Lage steigern, müssen wir die Bedürfnisse der Menschen verstehen. Das schafft Attraktivität. Attraktivität mobilisiert Menschen. Frequenz als Folge von Attraktivität entsteht.

Ein Beispiel, wie es nicht funktioniert, ist die Friedrichstraße in Berlin. Wir sahen vor der Pandemie steigende Passantenfrequenzen und dennoch verzeichneten Händler weniger Umsätze. Mehr Frequenz bedeutet nicht zwangsweise mehr Umsatz. Wenn das Angebot am Platz nicht stimmt und nicht für die Besucher relevant ist, verpufft die mitgebrachte Kaufkraft. Wenn in einer solchen Situation nicht frühzeitig reagiert wird, nimmt die Abwärtsspirale unweigerlich ihren Lauf. Sinkt die Frequenz nachhaltig und anhaltend, ist es bereits zu spät. 4 Jahre später ist die Frequenz in der Friedrichstraße weit unter dem 2019’er Niveau. Der kommerzielle Teil der Straße mag sich langsam erholen, aber es wird wohl noch sehr lang dauern ... es braucht einfach neue Konzepte, die relevant für Menschen sind.

Warum sollte man also die Frequenz überhaupt steigern wollen? Ganz genau! Frequenzsteigerung um jeden Preis ergibt überhaupt keinen Sinn. Vielmehr sollte man seine Relevanz steigern. Am Ende wollen wir nicht Frequenzen messen, sondern positive Umsatztrends. Je mehr Umsatz ein Geschäft macht, je mehr Relevanz hat es doch. Es gibt ausreichend Konzepte in Nachbarschaftslagen, die außerhalb von Highstreet-, Center-, oder Fachmarktlagen deutlich mehr Umsatz machen, als in diesen hoch-frequentierten Lagen. Sie erinnern sich: Die Innenstädte brauchen die Läden, aber die Läden brauchen die Innenstädte nicht mehr. Das hat vielerlei Gründe und ganz nebenbei sehr viele Vorteile. Geringere Mieten und mehr Platz locken. Man platziert sich direkt am Kunden - ist am Pulse der Zeit.  

Aber ich profitiere doch von der Frequenz die durch Ankermieter verursacht wird!”

Nein. Sie profitieren davon, dass ein Ankermieter scheinbar ein gutes Angebot hat, welches von den Menschen akzeptiert wird. Und ihr Konzept ergänzt das Angebot des Ankers, sodass Sie in der Lage sind, Kunden des Ankers abzuschöpfen. Ergo, profitieren Sie nicht von der Frequenz, sondern von der Tatsache, dass Sie in der Lage sind einen Teil der Bedürfnisse der Kunden des Anker mit zu befriedigen. Das ist in der Betrachtung aus Händlersicht ein sehr großer Unterschied und hilft dabei, die Dinge richtig zu verstehen. #Mindset

Brauchen wir überhaupt Frequenzen?

Ist Relevanz messbar?

“Relevanz” als alleinstehende Kennzahl ist schwer zu definieren, wenn nicht sogar fast unmöglich. Wäre sie es, wären wir wohl alle reich. Relevanz kann durch viele Variablen mit Werten versehen werden. Dazu können zum Beispiel folgende Messpunkte dienen:

  • die Anzahl der Wettbewerber / Anker
  • Marktsättigung
  • jegliche Insights, die aus Kassenbons generiert werden
  • alle Trends aus Kundenbindungsprogrammen  
  • expansives oder gegenteiliges Wettbewerbsverhalten
  • demographische Veränderungen am Standort
  • uvm.

Jedes Unternehmen muss seine eigene Formel finden, seine Relevanz im stationären Bereich zu definieren.  Je nach Strategie und Ausrichtung kann die Formel sehr unterschiedlich ausfallen. Eine freche Kaffeehauskette die Kannibalisierung bewusst in Kauf nimmt, um andere aus dem Markt zu verdrängen versteht Relevanz ganz anders als ein großes Kaufhaus.

Wie war das jetzt noch einmal mit dem Thema Omnichannel?

Der Onlineshop eines bekannten Parfümerie-Brands lässt Ware teilweise direkt aus den stationären Stores statt aus dem zentralen Warenlager verschicken, wenn der Algorithmus erkennt, dass ein Store zu viel eingelagert hat. Ein skandinavischer Bettenfachhändler lässt jede Online-Order an das Geschäft in der Region des Kunden weiterleiten, um die Nähe zum Kunden aufrecht zu halten. Die Stores übernehmen sogar die Kommunikation mit den Onlinekunden.

Solche Prozesse steigern stationäre Umsätze, ohne jemals Frequenz beansprucht zu haben. Dies sind nur zwei Beispiele, wie die digitale Welt nahtlos mit der “Offline-Welt“ interagiert. Grundsätzlich können so sehr viele Parallelen mit dem Online-Handel gezogen werden, um noch besser zu verstehen, warum Frequenz als Stand-alone-Dataset nicht ausreicht.

Online-Shops investieren Unsummen in digitale Marketingkampagnen, nicht um mehr Webpage-Besucher zu erhalten, sondern um die richtigen Besucher anzuziehen. Entscheidend ist also die Qualität der Website-Besucher. Gleiches gilt für die Highstreet. Stellen sie sich vor, Lage #01 hat 1000 Besucher täglich. Davon zählen 50 Personen zu ihrer direkten Zielgruppe. Keine besonders gute Abschöpfung oder? Was wäre aber, wenn in der Lage #02 von 500 Besuchern 400 Personen zu ihrer direkten Zielgruppe gehören würden? Sie würden wohl zustimmen, dass man die Lage #02 mit weniger Frequenz bevorzugen würde, oder? Sie müssten weniger Geld für Werbung ausgeben, hätten eine höhere Konvertierung und vielleicht würde man sogar weniger Miete zahlen, weil Lage #02 als B+ Lage ausgewiesen ist und nicht als A+++.

Wie kann WHATALOCATION dabei helfen?

Der erste Schritt ist immer die Zentralisierung von Daten und das Aufbrechen von Datensilos. Mit unseren europäischen Kunden betrachten wir natürlich auch die Passantenfrequenz, allerdings aus einem anderen Blickwinkel. Wir verschneiden Kundendaten mit Daten die WHATALOCATION selbst produziert (z.B. einem Erreichbarkeitsindex oder einem Attraktivitätsindex) und mit dritten Premiumdaten, die wir zukaufen. In unseren unterschiedlichsten Software-Modulen bringen wir dann die Teams aus Marketing, Sales, Portfolio, Expansion und Finance zusammen. Jegliche Standortanalysen münden in Handlungsempfehlungen, die unsere Nutzer als “Hausaufgabe” mitnehmen können. Sie steigern so nachhaltig das Wissen über ihre Kunden und damit auch die Relevanz in ihren urbanen Ökosystemen.

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